"Landesstelle Unna-Massen - dokumentieren und in Erinnerung behalten"



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Am 27. Juli 2015 besuchten Abgeordnete der CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen die Kreisstadt Unna. Anlass ist ein derzeit laufender Landtagsantrag der CDU, der darauf abzielt, die Bedeutung und Geschichte der ehemaligen Landesstelle Unna-Massen zu dokumentieren und in Erinnerung zu behalten.

Neben einem Gespräch mit der CDU-Ratsfraktion Unna, stand ein Besuch auf dem Hochschulcampus Unna, ein Informationsgespräch in der neuen Aufnahmeeinrichtung Massen-Nord sowie Gespräche mit der Koptisch-Orthodoxen Gemeinde und der Jüdischen Gemeinde auf dem Programm der CDU-Abgeordneten.

„Egal, welche Gesprächspartner wir hatten, alle waren sich der besonderen Bedeutung der ehemaligen Landesstelle Unna-Massen bewusst. Mit einer Erinnerung an diese Geschichte erinnern wir auch an die Schicksale und Lebenswege von Millionen Menschen, die in Unna und damit in Nordrhein-Westfalen eine Basis für einen Start in ein anderes Leben gefunden haben.“, so Ina Scharrenbach MdL und Werner Jostmeier MdL, die Initiatoren der Informationsfahrt.

1951 wurde die Landesstelle Unna-Massen errichtet, die für Vertriebene nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und Flüchtlinge eine erste sichere Anlaufstelle in Nordrhein-Westfalen bot. Neben den Vertriebenen kamen im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche weitere Menschen nach Unna-Massen: Deutsche aus Osteuropa, Flüchtlinge und Übersiedler aus der ehemaligen DDR und der Sowjetunion, Asylbewerber, Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien sowie jüdische Zuwanderer aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion.

Seit dem 1. Juli 2015 wird ein Teil der im Landeseigentum stehenden Immobilien als Flüchtlingsaufnahme des Landes mit 600 Regelplätzen genutzt.

a) aus dem Gespräch mit der CDU-Ratsfraktion Unna und dem Förderverein zur Errichtung einer Vertreibungs-Erinnerungsstätte Unna-Massen e.V.

„Insgesamt mehr als 2,5 Millionen Menschen aus über 100 Ländern haben in der Landesstelle eine erste Zuflucht gefunden, bevor sie sich von dort aus in ganz Nordrhein-Westfalen verteilten. Im heutigen Nordrhein-Westfalen stammt fast jeder Vierte aus einer Familie mit „Massener Zuwanderungsgeschichte.“ Für viele dieser Menschen erinnert Unna-Massen an die Vertreibung vieler Deutscher und steht für einen erfolgreichen Neuanfang. Diese Geschichte erlebbar zu machen und sie damit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, dass ist die Zielrichtung der CDU.“, so Werner Jostmeier MdL, Beauftragter der CDU-Landtagsfraktion NRW für Vertriebene, Flüchtlinge, Aussiedler und deutsche Minderheiten, im Gespräch mit Vertretern der CDU-Ratsfraktion Unna. Vorlaufend informierte Prof. Dr. Jürgen Vollradt, Initiator des Fördervereins zur Errichtung einer Vertreibungs-Erinnerungs-Stätte Unna-Massen e.V., die CDU-Abgeordneten über die Geschichte der Landesstelle und die Ziele des Fördervereins. Der überparteiliche Verein setzt sich dafür ein, dass am Standort der ehemaligen Landesstelle die Erinnerung an die Vertreibung als Teil europäischer, deutscher und nicht zuletzt nordrhein-westfälischer Geschichte wachgehalten wird.

b) aus dem Besuch auf dem Hochschulcampus Unna mit Bürgermeister Werner Kolter und Christian Kunert, Campusleiter

Nach der Aufgabe der Landesstelle Unna-Massen durch das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009 hat sich auf einem Teilgelände der Hochschulcampus Unna angesiedelt. Christian Kunert, Campusleiter, stellte den CDU-Abgeordneten im Beisein von Bürgermeister Werner Kolter die Hochschul-Konzeption auf dem 52.000 m² großen Grundstück vor. Intensiv diskutierten die CDU-Abgeordneten mit dem Bürgermeister und dem Campusleiter die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Hochschule. Derzeit studieren rund 350 junge Menschen an der Hochschule, perspektivisch könnten die angebotenen Studiengänge ausgeweitet und mehr Studierende gewonnen werden.

Im Zusammenhang mit der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung des Landes NRW und der Stadt Unna über die Weiterentwicklung der ehemaligen Landesstelle vom 19. Dezember 2014 wurde vereinbart, dass das Land im Rahmen seiner förderrechtlichen Möglichkeiten wohlwollend und unterstützend prüfen wird, ob der gesamte Siedlungsbereich, bestehend aus der Hochschule und dem langfristig als Wohngebiet vorgesehenen Gelände, der sog. Buderus-Siedlung und den sozialen Einrichtungen im Rahmen eines integrierten Handlungskonzeptes mit der Festlegung als städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gefördert werden kann.

Dabei soll vorrangig geprüft werden, ob als Einzelvorhaben zum Beispiel ein Technologie-Zentrum oder eine vergleichbare Einrichtung in Verbindung mit der Hochschule im Rahmen der Innovationsförderung gefördert werden kann. „Sofern sich das Land an seine Vereinbarung hält, könnte es für die Kreisstadt Unna und die gesamte Bildungsregion gelingen, den privaten Hochschulcampus weiter zu festigen und zu stärken. Sämtliche bisherige Investitionen in den Hochschulcampus wurden jedenfalls privat und damit ohne die Hilfe des Landes Nordrhein-Westfalen getätigt.“, so die CDU-Abgeordneten.

c) aus dem Informationsbesuch in der neuen Aufnahmeeinrichtung Massen-Nord

Seit dem 1. Juli 2015 werden vom Land Nordrhein-Westfalen in Massen-Nord 600 Regelplätze für die Unterbringung Flüchtlingen und anderen Einreisenden genutzt. In dringenden Bedarfssituationen kann kurzfristig – für einen ununterbrochenen Zeitraum von maximal zwei bis drei Monaten einmalig pro Jahr – eine Höchstzahl von 800 Asylbewerbern und Flüchtlingen auf dem Gelände untergebracht werden. Massen-Nord gilt als Aufnahmeeinrichtung „neuen“ Typs in Nordrhein-Westfalen – derzeit eine von vier geplanten Einrichtungen. Hier sollen sich die Funktionen einer Erstaufnahmeeinrichtung – Registrierung und Gesundheitsuntersuchung – mit den Funktionen einer Zentralen Unterbringungseinheit verbinden.

Peter Beyer, Regierungsdirektor der Bezirksregierung Arnsberg, verdeutlichte den CDU-Abgeordneten den derzeitigen Handlungsdruck: „Hatten wir 2007 im gesamten Jahr rund 5.100 Flüchtlinge in NRW unterzubringen und zu versorgen, so wurde diese Zahl alleine im Monat März 2015 erreicht. In der letzten Woche kamen hingegen allein in einer Woche über 5.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen an. Derzeit verfügen wir in Nordrhein-Westfalen über rund 17.000 Plätze in Regeleinrichtungen und Notunterbringungseinheiten.“

Der Landrat des Kreises Unna, Michael Makiolla, und der zuständige Kreisdezernent Dirk Wigant erläuterten den CDU-Abgeordneten, dass der Kreis Unna als Dienstleister die Aufgabe der Registrierung übernommen habe. Ursprünglich sei man von einem Personalbedarf von 24 Stellen ausgegangen, derzeit gehe man davon aus, dass man über 30 Mitarbeiter benötige, um den Zustrom von Menschen vernünftig bewältigen zu können. Aktuell arbeiten in der Registrierung 13 Mitarbeiter – was schlicht dem verfügbaren Raum geschuldet ist. An fünf Arbeitsplätzen werden derzeit 130 -140 Personen pro Tag in Massen-Nord registriert.

Immer noch fehlt hingegen die zugesagte Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Massen-Nord. Aktuell geht die Bezirksregierung Arnsberg davon aus, dass die Außenstelle bis zum Winter 2015/Januar 2016 eingerichtet sein könnte.

Bei einem Rundgang informierten sich die CDU-Abgeordneten über die Arbeitsabläufe und die Arbeitssituation der Mitarbeiter in der Registrierung, in der Betreuung und in der Sanitätsstation. Dabei blieben auch kritische Diskussionen über den Umgang des Landes NRW mit der Flüchtlingsproblematik und den künftigen Perspektiven nicht aus. Aktuell warnt der nordrhein-westfälische Städte- und Gemeindebund vor einem Asylkollaps in NRW.

d) aus dem Gespräch mit Vertretern der Koptisch-Orthodoxen Gemeinde

Über die aktuelle Situation der koptischen Christen in Deutschland und in Ägypten sprachen die CDU-Abgeordneten mit Vertreten der Koptisch-Orthodoxen Gemeinde in Unna bei einem Besuch in der ehemaligen katholischen St. Hedwigs-Kirche, die die Gemeinde inzwischen übernommen hat. Über 250 Besucher aus nah und fern kommen sonntags zum Gottesdienst nach Unna-Massen.

e) aus dem Gespräch mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde Unna

Zum Abschluss ihres Informationsbesuches waren die CDU-Abgeordneten bei der jüdischen Gemeinde in Unna zu Gast. Alexandra Khariakova erläuterte den Aufbau der Jüdischen Gemeinde in Unna und warb bei den Politikern um die weitere Unterstützung des Landes, zum Beispiel für die örtliche Kinder- und Jugendarbeit.

„Meine Familie und ich kamen als jüdische Kontigentflüchtlinge in die ehemalige Landesstelle Unna-Massen und wir sind hier geblieben. Die Geschichte der Landesstelle Unna-Massen zu dokumentieren und damit in Erinnerung und wach zu halten ist ein gutes Anliegen.“, so Khariakova zu den CDU-Landtagsabgeordenten, die dieses Signal gerne mit zurück nach Düsseldorf nahmen.